Sascha Herrmann | Kolumne Teil 4

DRAGMAG – Kolumne Sascha Herrmann

Teil 4 – Don´t talk about the weather!

Hallo liebe Dragracer,

na, war das mal ein geiles Saisonfinale in Zerbst? Schönes Teilnehmerfeld, cooler Veranstalter und Sonnenschutzfaktor 50+. Und da sind wir auch beim Thema meiner Public Racer Kolumne, Teil 4:

Das Wetter. Jede Veranstaltung hat eins.

Und womit fängt jede Vorbereitung auf ein Rennen an, noch bevor der erste Handgriff am Auto gemacht worden ist? Der Blick in die Wetter App! Seid ehrlich, Ihr schaut auch schon hinein, obwohl das Event erst in 10 Tagen startet und die Vorhersagen sich noch zigmal ändern bis zum ersehnten Einstage-Ereignis.

Man weiß, mit Regen ist alles doof, nichts geht und hofft im Internet auf eine Absolution: Der Geschäftsführer von Wetter.de oder noch besser Kachelmann persönlich habe sich in einer naturwissenschaftlichen Arbeit mit dem kommenden Wochenende in Jade auseinandergesetzt und garantiere eine trockene Strecke und perfekten Sauerstoffgehalt und stünde bei Reklamationen haftbar dafür ein. Solche oder ähnliche Dinge hofft man zu lesen, aber nein, wieder einmal nur ernüchternde 37% Regenwahrscheinlichkeit verhageln einem die Laune. Was für ein doofes Wortspiel. Die Meteorologen.. äh.. logen.

Aber genau jetzt trennt sich die Spreu vom Weizen.

Veranstalter, Hobbyfahrer, Public Racer und Profis reagieren völlig unterschiedlich. Der Veranstalter kalkuliert die Zuschauereinnahmen neu und fragt sich, warum er nicht doch den Termin vor drei Wochen genommen hat. Der Hobbyfahrer streicht das Rennen aus seinem Kopf und verabredet sich stattdessen mit Edeldamen zu einem Fast-Furious-Video-Nachmittag bei einem Kumpel. Der Public Racer wechselt hoffnungsvoll auf seine Allwetterstraßenreifen und merkt, dass auf der Uhr der Unterschied zwischen „ESP an“ und „ESP aus“ gleich Null ist, sich lediglich die Anzahl der Schweißtropfen unterscheidet. Hierbei sei angemerkt, dass die strengen DHRA-Holländer derlei fahrphysikalische Selbstversuche gar nicht erst zulassen, hingegen im Clubsport Bereich nur die Motoradfahrer vom Sattel geholt werden.

Es gab schon einen unvernünftigen G40-Turbo Fahrer, der selbst bei Scheibenwischer Stufe 2 die Strecke nicht mehr erkannte, der Gleitreibungskoeffizient seiner Toyo R888 Semis gegen Null (Ozean) ging und der am Ende des wilden Rittes 180 km/h und damit seine Entmündigung auf dem Timeslip stehen hatte. Gefahren wurden übrigens nur in den ungeraden Gängen…

Ok, man war jung und brauchte den Kick. Macht man nicht mehr.

Was macht der Profi?

Er nimmt die Regenvorhersage gelassen zur Kenntnis, denn er arbeitet seinen Terminkalender stoisch ab. Er bekommt ja auch Wertungspunkte für die bestandene technische Abnahme, für das Erreichen des Christbaumes aus eigener Kraft und außerdem und sowieso sagt ihm seine Erfahrung, dass ja irgendwie immer was geht. Dann tut er folgendes auf der Veranstaltung:

Er lauert.

Wie ein Wolf.

Im Pavillon seines Renners.

Wenn es auch nur für ein paar Minuten trocken sein sollte, dann schlägt er zu.

Und bis dahin: Er checkt sein Triebwerk. Immer wieder. Versammelt seine Gehilfen um das Monster. Sie checken das Triebwerk. Berät sich über für den Laien unverständliche Dinge. Trotz Abtrocknen der Strecke würde der Grip aufgrund der niedrigen Asphalttemperatur sehr schlecht sein, also Launchcontrol abändern auf weniger Ladedruck oder weniger Drehzahl. Dann plötzlich treten Abgesandte des Gegners hinein. Sie bringen als Gastgeschenk das Gerücht mit, dass der Grip der Bahn an sich erschreckend gut sein soll. Man spreche von 1,2er 60-Fuß im Trockenen. Eingeweihte würden den Strip auch Friedhof der Differenziale nennen. Aha. Desinformationsstrategie der Gegenseite? Oder gutgemeinter Rat? Man studiert Timeslips der Vergangenheit. Verdammt. Damals andere Übersetzung und schon ist die Vergleichbarkeit dahin. Also doch der erste Lauf mit langsamen Herantasten. Aber was, wenn das Zeitfenster zwischen Regen-Sonne-Regen nur einen Lauf zulässt? Vielleicht doch besser 100%? Und wenn der Grip dann tatsächlich so heftig ist und man den Index rasiert? (Insider wissen, dass ich das Wort Index eigentlich nie wieder in den Mund nehmen wollte, Stichwort BMW.)

Und dann ist es nach Stunden der Ungewissheit so weit: Die Sonne scheint plötzlich, Strecke trocken, der V8 brüllt und irgendwie hat dann doch wieder alles gepasst. Der Timeslip lacht einen mit neuer persönlicher Bestzeit an, Mail geht an Falco und das ganze Wochenende hat sich gelohnt, selbst wenn danach der Himmel zusammenbricht, es Hunde und Katzen regnet und es der einzige Lauf bleibt.

Scheiß´drauf, man ist glücklich.

Diese Viertelmeile-eigene Form des Glücks wird der Hobbyfahrer nie verstehen und erst recht nicht erfahren. Er ist in seiner Videorunde schon längst bei Fast and Furious 5 angekommen…

Bis bald, Euer Sascha

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