Sascha Herrmann | Kolumne | Teil 2

Hallo liebe Dragracer,

in der ersten Folge meiner kleinen Kolumne erwähnte ich mein Treiben als Fahrer und Sprecher beim EFR (European Fun Racing). Diese kleine aber feine Rennserie möchte ich den Profis unter Euch erklären.

Macher Nico Klassen siedelt seine EFR im Bereich Straßenfahrzeuge mit maximal ca. 500 PS und Laien-Lenkern an und möchte auch als nichts anderes angesehen werden. Ansprüche an die Strecke in Aldenhoven, bei der man mit mehr als 216 km/h aus der Auslaufkurve fliegt, Forderungen nach fehlendem Kleber (Traktor-Mann) oder Ordnern mit Methanol-Crashkurs lässt er zu Recht an seinem wunderschönen Körper abperlen.

Er hat es sich zum Ziel gesetzt illegale Straßenrennen zu verhindern und eine simple Alternative zu bieten ohne Lizenzen und Dresscode.

Allerdings ist auch das EFR-Gelände kein rechtsfreier Raum. Das Streckenpersonal verfügt zwar über keine DMSB-Schulung, hat jedoch über zehn Jahre Erfahrung. Die meisten schrauben selber, erkennen kritische Fahrzeuge und TÜVlose Kracher schaut man sich genauer an, es steht bei diesen eine Dezibelmessung an (max. 100 dB) und für dessen Fahrer herrscht Helmpflicht. Grundsätzlich wird jedem Teilnehmer der Helm empfohlen.

Wer sich im Fahrerlager zu Tode launcht oder schon auf dem Parkplatz seine 60-Fuß-Zeit testet, kommt auf die schwarze Liste und wird in Zukunft ausgeschlossen.

Teilnehmer mit unruhigem Gasfuß, die schon morgens im Berufsverkehr die Performance-Box angeschlossen haben, müssen sich auch hier benehmen.

Fakt ist aber auch, dass die Problematik Sicherheitsauflagen vs. Performance bei der EFR besonders deutlich werden. Je schneller die Fahrzeuge, desto mehr Aufwand müssen Fahrer und Veranstalter sicherheitstechnisch betreiben. Einen jungen Hobbyfahrer, der sich gerade seinen ersten Golf 7 finanziert hat, wird man vergraulen, wenn man verlangt, dieses Fahrzeug DMSB-konform umzurüsten. Aber genau diese Klientel möchte Klassen von der Straße holen. Fahrzeuge, die zu schnell sind und eher dem „Dragsterbereich“ zuzuordnen sind, müssen leider ausselektiert werden. Allerdings ergibt sich im Gespräch mit den betroffenen Fahrern schnell, dass sie aus Eigenvernunft freiwillig auf den Start verzichten. Die meisten reisen allerdings auch gar nicht mehr an, da sich im Laufe der Jahre herumgesprochen hat, dass die „Alarm für Cobra11“-Filmautobahn in Aldenhoven nicht Hockenheim ist.

Auf EFR-Strecken soll nicht der Kampf um die Europameisterschaft, sondern gegen tödliche Unfälle auf der Straße gewonnen werden. Hier kann man keine offiziellen Meisterschaftspunkte sammeln und der Zeitenrahmen bewegt sich zwischen 10 und 20 Sekunden, die Quote der zugelassenen KFZ liegt bei ca. 80%. Natürlich gibt es Ausreißer. Ab und zu verirrt sich zum Beispiel ein Thorsten Middendorf nach Brilon, lässt alle verwirrt mit einer 8,4 zurück oder Marco Rentgens bremst in seinem Demo Lauf auf 150 km/h herunter, weil er es bei einer humanen 9,0 belassen will. Das sind jedoch Einzelfälle und Einzelfahrten ohne Gegner und so fehlt schon etwas das Dragracing Flair.

Dafür gibt es aber vier top organisierte Veranstaltungen im Jahr (2x Brilon, Aldenhoven, Nürburgring 1/8 Meile) mit allgemein üblichen Preisen: Eintritt 10€, Nenngebühr pro Tag 35€. 

Wer als Profi mal zur EFR kommt wird vom etwas wilden Austragungs-Modus irritiert sein. Es gibt nämlich keinen. Jeder gegen jeden, zu jeder Zeit. Keine klassenweisen Aufrufe, keine Finalpaarungen und erst recht keine Pro ET Läufe. Nico Klassen weiß nämlich, dass Hobbyfahrer auch gerne erst mittags an der Strecke erscheinen oder umgekehrt es nach ein paar Läufen aus Angst um das neue Auto (mit dem man ja noch nach Hause fahren muss) gut sein lassen. Viele reisen auch nur für einen Tag an. Von diesen Spontanfahrern lebt die Veranstaltung, aber ein amtlicher Zeitplan mit Quali und Elimination ist ebenso nicht umsetzbar. Theoretisch würde ein einziges Rennen für den Klassensieg reichen. Meilenfahrer wissen aber, dass man immer mehrere Versuche braucht, um seinen Ideal-Run zu finden. Und auch hier gelten die Gesetze von wechselnden Wetter- und Asphalttemperaturen, so dass man die größten Chancen bei möglichst vielen Versuchen hat. Nur halt ohne Flow Chart.

Man stellt sich an und sucht sich seinen Gegner aus – die Ordner helfen, die Paare glücklich zu machen – und wenn es zeitlich passt, kann man den Kontrahenten so oft verprügeln, wie man will. Im Namen EFR steckt halt auch das Wort „Fun“.

Da es keine packende Finalrennen gibt, fehlt von Haus aus etwas die Spannung für die Zuschauer, also muss der Moderator eben auch mal ins Unterhaltungsprogramm ausweichen und ab und zu Blödsinn machen, wie zum Beispiel bei einem 10-Sekunden-Lauf vom Beifahrersitz zu kommentieren/schreien.

Die Ernsthaftigkeit ist aber spätestens bei der Ergebnisauswertung wieder zurück, die Pokale werden nicht sympathieweise verschenkt (über Sachspenden kann man reden). Die Platzierung findet am Ende in Hubraumklassen mit dem üblichen Turbo-Multiplikator statt. Es wird peinlichst genau darauf geachtet, dass niemand betrügt, im Zweifelsfall wird unter der Haube nachgeschaut, auch bei der EFR gibt es technische Überwachung und Experten. Die Ergebnisse werden auf ihre Plausibilität hin überprüft und die Messanlage von Mobil-Timing ist unbestechlich.

Profis sind angenehm überrascht: Der Timeslip umfasst alles, was das Herz begehrt. Neben den Standartdaten (1/8 Speed/ET, ¼ Meile Speed/ET, 60-Fuß) auch die eigene Bestzeit und die klassenweise Bestzeit. Dazu noch der vollständige Fahrername mit Ort und Datum. Und das ganze sofort noch als E-Mail. Wer freundlich fragt, bekommt sogar seine aktuelle Platzierung ausgedruckt, welche selbstredend einen Tag später vollständig auf der EFR Seite zu sehen ist. Damit ist man im Vergleich zu anderen Veranstaltungen ganz weit vorne.

Der Grip ist übrigens für eine ungeklebte Strecke in Brilon relativ gut, allerdings sollte man auch hier mit der Top Speed nicht übertreiben (Limit 260 km/h), sonst schaut man sich im Vorbeiflug die Kühe an und muss auf der B7 Vorfahrt gewähren.

Fazit:

EFR: F heißt nicht Funny Car, aber Fun.

Wer 5-Sekunden-Bomben sehen will, ist hier falsch. Die EFR erlegt sich selbst ein Performance-Limit auf, um die Teilnahmebedingungen niedrig zu halten. Aber es gibt eine große Bandbreite von teilweise richtig schönen Autos zu sehen – vom US Youngtimer bis zum aktuellen 911 GT2 – mit Fahrern, die um 100stel kämpfen und genau so leiden wie die Profis. Und einem Moderator, der alles gibt.

Bis bald, Euer Sascha

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