Sascha Herrmann Kolumne #11

Sascha Herrmann – Kolumne Nr. 11

Hotel l’amour

Hallo Dragracer, vielen Dank erstmal für Euer tolles Feedback auf meine letzte Folge 402-Germany, die Nitros. In Hockenheim hat sich mein großes Problem mal wieder gezeigt. Nicht unter der Motorhaube, sondern auf dem Klo. Ich brauche mein eigenes. Und meine Dusche. Der feine Herr hat mal wieder im Hotel genächtigt und fast den Start verpasst. Das Gelände könnte von mir aus über eine Fünf-Sterne-Bedürfnisanstalt verfügen mit elfenhaften Toilettenfrauen und hochmotivierten Zivildienstleistenden, die mir helfend beistehen (erstere!):

Und trotzdem nein! Und auch ein Wohnmobil als eine fahrende Festung auf Actros-Basis mit Tiefgarage für den Lupo, Schlauchboot, Wetterstation auf dem Dach und separatem Gäste-Sanitär-Deck könnte mich nicht überzeugen. Ihr wollt mich mit diesem Mutterschiff auch nicht auf der A2 im Kofferraum stehen haben. Nein, ich bin seit Beginn meiner zweifelhaften Viertelmeilegeschichte überzeugter Hotelschläfer.

Dafür hat mich der Mann mit dem gelben Jet-Schulbus schon belehrt: „Wer den Rennplatz verlässt, ist kein Profi.“ Und tatsächlich hat er damit Recht. Wenn bei kleineren Rennen der Veranstalter plötzlich den Austragungsmodus per Abstimmung ändert, sollte man dabei sein und nicht im Hotel auf dem Santa Pott sitzen. Man sollte auch den Pit Marshall einmal im Leben gesehen haben. Und dass meine Klasse in Zerbst mich in der Rückführung freundlich grüßte in Q4, als ich zu spät aus dem Hotel kam, fand ich irgendwie dann auch albern.

Überhaupt ist die Pünktlichkeit als Auswärtsschläfer immer akut gefährdet. Wenn man beispielsweise auf dem Hotelparkplatz im Navi „Flugplatz Bad Sobernheim“ eingibt und die Schönheit des Hunsrück kennenlernt oder man im Frühstücksraum Fahrerkollegen trifft, sich eine Stunde festquatscht und denen das egal ist, weil sie schon ausgeschieden sind. An sich gilt folgendes Gesetz: Egal wo und mit wieviel Leuten und zu welcher Zeit man in einem Hotel auf einen Fahrerkollegen trifft, es wird sofort hemmungslos gefachsimpelt und diskutiert. Egal ob es die Ringberg-Runde im Foyer ist oder ein Treppenhaus-Technik-Talk.

Wenn man an der Hotelbar eine halbe Stunde über seine krassen 11er Zeiten schwadroniert und am Ende gibt sich der Gegenüber als Super Pro ET Fahrer zu erkennen, ist das aber schon etwas peinlich. Lediglich eine Begegnung mit Gustl wird kurz knapp abgehandelt, da wir uns Tage zuvor in einem vierstündigen Telefonat eh leergeredet hatten.

Sind Dragracer eigentlich gute Hotelgäste? Nun gut, manchmal feiern sie halt ihre Bestzeiten. Am Frühstückstisch im Hotel bei den Hotwheels Husum beschwerte sich die Rentnerin von Zimmer 43 bei ihrem Mann, dass sie die ganze Nacht kein Auge zutun konnte, da nebenan wohl eine Rockband bis morgens um 5 gefeiert habe. Beate schmunzelte milde und schob unseren Zimmerschlüssel mit der Nummer 44 unter die Serviette…

Bei meinem zweiten Bitburgstart 2014 kam ich wieder zu spät. Das Hotel war in der Bitburger Altstadt. Ich stand abends schon vor der Eingangstür, als ich zwei Haustüren weiter eine aktuelle Szenediskothek entdeckte. Da mein Polo G40 mit seinen hohen 13ern auch nicht das aktuelle Szene Auto war, ließ ich mich dort von der Dorfjungend etwas geistig zerstreuen: Ich bin versackt. Verschlafen.

2015 sollte es in Bitburg dann klappen. Hotel direkt in der Nähe der Strecke, nix Altstadt, nix Gurkerei durch Transsilvanien. Ok, ich mache es kurz: Hotel Eifelstern am Flugplatz.

Gegen die Beschallung aus diesem Samstagabend-Gute-Laune-Tempel hätten auch Top Fueler unten am Tower keine Chance gehabt. Paaaarty! Wieder verpennt. 2017 hatte Beate ein Hotel für mich in Hockenheim gebucht, welches bereits abgerissen war. Ich war traurig.

Ich saß während der Top Methanol Läufe auf der Tribüne und hatte einen Cockney English sprechenden Spanier von Booking.com am Ohr. Es war ein ergiebiges Gespräch… ich übernachtete in einer Hinterhofbutze mit Flüchtlingen.

2018 auch ein Klopper in Alkersleben. 10 Euro im Voraus pro Tag für einen Parkplatz im gesicherten Innenhof, geht klar. Ich wusste aber nicht, dass die Zufahrt zum Hof Austragungsort der German Offroad Masters gewesen sein mussten, beim Anblick des 20 Grad Böschungswinkels sagte die GTI-Schürze vom Lupo: „Ich bin dann mal weg“. Das Auto blieb draußen. Die Schürze drinnen.

Wobei man mit Gespann immer das umgekehrte Problem hat. Man kommt rein aber nie wieder raus. In Anklam 2020 standen auf dem fußballfeldgroßen Parkplatz Marke Olympia Stadion nur zwei Autos und ich machte mich mit dem Trailer breit. Ich weiß nicht, ob über Nacht noch eine 150köpfige Hochzeitsgesellschaft angereist war oder dort abends die Darts-Europameisterschaft stattfand… die Fläche war am nächsten Morgen komplett belegt und mein Gespann war eingebettet in zig PKW die sich quer, längs und diagonal rankuschelten. Ich probierte es schachbrettartig mit Zügen der Italienischen Eröffnung. Ein Gast eröffnete mir dann, dass ich ein Idiot sei.

Es ist relativ unentspannt, wenn man bei German-RaceWars bis morgens um 5 Party macht, weil man denkt, die bessere Hälfte schlafe im Hotel eh schon tief und fest und bekäme von den Eskapaden nichts mit – doch dann fliegt man auf, weil die Rezeption und die Tür-Chipkarte auch schon out of Order sind und man die Dame aus dem Schlaf klopfen muss.

In Suhl überzeugte ich mich dann von der Zuverlässigkeit der Schlüsselkarte – und ließ diese dann im Zimmer liegen…Manches Hotelzimmer hätte man sich durchaus sparen können. In Oschersleben ging die Party auch bis in die Puppen, direkt in Reichweite vom Lupo, in den ich mich dann zum Ausruhen reinsetzte und einschlief. Bis morgens um 10. Ich betrat mein Hotelzimmer dann nur noch zum Zähneputzen. Hotel Motorsport Arena, 100 Euro die Nacht…

Genauso fragwürdig diese Buchung: Bei Clastres musste ich das Gespann in einer Gegend parken, wo selbst Streifenbeamte aus Duisburg-Marxloh nicht aussteigen würden. Zudem auch noch mitten auf dem Markplatz, ich sah den Lupo schon am nächsten Morgen zwischen französischen Fressbuden stehen.

Auch hier pennte ich die halbe Nacht im Auto, aber das Hotel hatte mutmaßlich sowieso minus 5 Sterne. Klo und Nasszelle waren eine einzige Plastikeinheit, die Gestalten im Flur sprachen mich vermutlich auf Geld an, habe sie nicht verstanden.

Nicht weniger gruselig war es in Mecklenburg-Vorpommern: Als einziger Gast in einem ehemaligen Militär Krankenhaus. Ich verrammelte die drei Meter hohe Tür meines Pathologie-Penthouse und schaute im TV „The Walking Dead“. Am nächsten Morgen war meine Reaktion am Christbaum dann auch The Walking Dead.

Was ist nun für einen Hotel-Dragracer das perfekte Hotel?

In Gotha hatte ich es: 50 Meter vom Eingang entfernt befanden sich vier Waschboxen.

Mit Gespann befahrbar und 24 Stunden geöffnet!!!

Ein Traum, da kommt kein Wiener Schnitzel gegen an.

So, die Zimmer sind gebucht, bald geht es los.

Viel Erfolg, wir sehen uns,

Euer Sascha

 

 

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